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Unplausible Heizkostenwerte sind wie ein Geräteausfall zu behandeln

Dr. Tobias Mahlstedt, Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht, schreibt uns:

ist Ihnen das schonmal passiert: Sie sparen an Heizenergie, wo Sie nur können, stellen aber am Ende fest, dass das alles nichts gebracht haben, weil Ihrer Jahresabrechnung die Werte des Vorjahresa zugrunde gelegt wurden. Natürlich sind Sie hiermit nicht einverstanden. Wenn Sie dann aber den Genehmigungsbeschuss anfechten wollen, müssen Sie wissen: im Falles Geräteausfalls ist diese Vorgehensweise ebenso zulässig, wie wenn die abgelesenen Verbrauchswerte für einen Ablesezeitraum nicht nachvollziehbar und in hohem Maße auffällig sind (LG Karlsruhe, Beschluss vom 25.09.2018 – 11 S 8/18).

Ablesewerte waren in höchsten Maße unplausibel

„…Im entschiedenen Fall ging es um die Jahresabrechnung 2015. Da die Heizanlage einen absolut ungewöhnlichen niedrigen Verbrauchswärmeanteil von nur 4,8 % aufwies, legte der Verwalter der Abrechnung die Verbrauchswerte des Vorjahres zugrunde. Insgesamt ging es um verbrauchsabhängige Heizkosten von 7.373,72 € wovon eine Wohnungseigentümerin 2.387,88 € zu tragen hatte, was 32,4% entspricht. Hierbei entfielen ca. 99 % der abgelesenen Werte auf den Heizkörper im Wohnzimmer. In der Eigentümerversammlung vom 18.08.2016 wurde die Jahresabrechnung genehmigt. Hiermit war die Wohnungseigentümerin nicht einverstanden.

Sie erklärte, dass sich ihr Heizverhalten in den vergangenen Jahren geändert habe. Noch im Jahr 2013 sei ihr todkranker Ehemann ständig im Wohnzimmer gewesen und die Heizung auf voller Stellung gelaufen. Ab dem Jahr 2014, nachdem ihr Ehemann verstorben sei, sei ihr Heizverhalten anders geworden. Sie erhob Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung, soweit diese die Position „Brennstoff Öl“ betrifft.

Verwalter durfte Werte des Vorjahres zugrunde legen

Die Wohnungseigentümerin verlor den Prozess. Die Genehmigung der Abrechnung entsprach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Verbrauchswerte, die der Abrechnung in der Position „Heizkosten Öl“ zu Grunde liegen, sind in einem eklatanten Ausmaß unplausibel und beruhen aufgrund des extrem niedrigen Verbrauchswärmeanteils von 4,8 % auf einer unzureichenden Datengrundlage. Es würde dem Grundsatz der verbrauchsbezogenen Abrechnung widersprechen, wenn man diese Werte der Abrechnung zugrunde legen würde.

Vielmehr ist in dieser Ausnahmesituation ist eine Abrechnung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV geboten. Danach ist der Verbrauch auf Grundlage vergleichbarer Zeiträume oder vergleichbarer anderer Räume zu ermitteln, wenn er für einen Abrechnungszeitraum wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann. Sind die abgelesenen Verbrauchswerte für einen Abrechnungszeitraum in einem so hohen Maß auffällig, kommt das dem Ausfall eines Messgeräts und damit dem Regelfall des § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV gleich. Daher durfte der Verwalter hier der Abrechnung die Ablesewerte des Vorjahres zugrunde legen.

Fazit: Auch wenn es ärgerlich für Sie ist: Fällt ein Ablesegerät aus erlaubt die Heizkostenabrechnung eine Abweichung von der verbrauchsabhängigen Verteilung der Heizkosten. Das gleiche gilt, wenn es aufgrund gegebenenfalls nicht nachvollziehbarer Fehler zu einer eklatant falschen Verbrauchswertbestimmung kommt. In beiden Fällen darf Ihr Verwalter Ihrer Abrechnung die Verbrauchswerte des Vorjahres zugrunde legen..“