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Jahresabrechnung unwirksam – bereits gezahlte Nachzahlungen können Sie direkt zurückverlangen

Dr. Tobias Mahlstedt,Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht schreibt us: „…bestimmt wissen Sie, dass Sie zur Zahlung einer Nachforderung aus Ihrer Jahresabrechnung auch dann verpflichtet sind, wenn Sie Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbeschluss erhoben haben. Dann stellt sich für Sie natürlich die Frage, was mit der zu Unrecht gezahlten Nachforderung passiert, wenn Sie den Prozess gewinnen und die Jahresabrechnung durch das Gericht für unwirksam erklärt wird. Hierzu hat das Landgericht München I entschieden: In diesem Fall steht Ihnen ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zahlung zu. Diesen Anspruch können Sie notfalls sofort gerichtlich geltend machen, einen gemeinschaftlichen Beschluss brauchen Sie hierzu nicht (LG München I, Urteil v. 26.06.19, Az. 1 S 2812/18 WEG).

Eigentümer hatte gegen Jahresabrechnung geklagt und gewonnen

Im entschiedenen Fall hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Jahresabrechnung genehmigt. Für einen Eigentümer ergab die Jahreseinzelabrechnung einen Nachzahlungsbetrag von ca. 1.400 €. Da er damit nicht einverstanden war, erhob er Anfechtungsklage gegen die Jahresabrechnung und zwar beschränkt auf die Position „Kostenverteilung Dachsanierung“.

Der Eigentümer sich weigerte zunächst, die Nachforderung aus der Jahresabrechnung zu begleichen. Nachdem die Gemeinschaft aber einen Rechtsanwalt beauftragt hatte, zahlte er den Nachzahlungsbetrag aufgrund der anwaltlichen Aufforderung doch. Außerdem beglich er die Kosten für diese anwaltliche Tätigkeit.

Nachdem der Eigentümer seinen Anfechtungsprozess gewonnen hatte und die Jahresabrechnung für unwirksam erklärt worden war, verlangte er von der Gemeinschaft die Rückzahlung der geleisteten Nachforderung aus der Jahresabrechnung sowie der Anwaltskosten. Da sich die Eigentümergemeinschaft weigerte zu zahlen, erhob der Wohnungseigentümer Klage auf Rückzahlung dieser Gelder.

Eigentümer konnte ohne Vorbefassung durch die Gemeinschaft klagen

Das Gericht entschied: Die Gemeinschaft musste dem Wohnungseigentümer die Nachzahlung aus der Jahresabrechnung und die Anwaltskosten zurückzahlen. Zunächst wies das Gericht darauf hin, dass der Geltendmachung der Zahlungsansprüche nicht entgegenstand, dass der Eigentümer diese Zahlungsansprüche nicht zunächst in der Eigentümerversammlung gelten gemacht hat. Denn es handelt sich um Zahlungsansprüche die, sofern sie bestehen, nicht zur Disposition der Wohnungseigentümer stehen. Den Wohnungseigentümern fehlt nämlich die Kompetenz, einem anderen Wohnungseigentümer einen bestehenden Anspruch durch Beschluss zu nehmen. Insoweit brauchte es keine Vorbefassung durch die Eigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung.

Rechtsgrund für Zahlung war der in der Eigentümerversammlung gefasste Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung. Da dieser Beschluss durch das gerichtliche Urteil für ungültig erklärt worden war, wurde der Beschluss nichtig – und zwar rückwirkend, von Anfang an. Das hat zur Folge, dass die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt war. Daher bestand auch kein Rechtsgrund für die Zahlungsaufforderung durch den Rechtsanwalt, so dass der Eigentümer auch die Kosten für dessen Tätigwerden zurück verlangen konnte.

Fazit: Erheben Sie Anfechtungsklage gegen Ihre Jahresabrechnung bleibt Ihre Pflicht zur Begleichung einer sich aus dieser ergebenden Nachforderung bestehen. Sofern Sie den Prozess allerdings gewinnen und der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung für unwirksam erklärt wird, sieht es schon anders aus. Dann entfällt die Rechtsgrundlage für Ihre Zahlung rückwirkend, so dass Sie Ihr Geld dann von der Gemeinschaft zurückverlangen können. …“